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Die kleine Blaumeise Fridolin erlebt ihr erstes Silvester

In dem kleinen Wäldchen, direkt neben einer großen Wohnsiedlung lebt eine kleine Blaumeise namens Fridolin. Er ist erst 7 Monate alt und dieses Jahr erlebt er seinen erster Winter. Der Winter hat es bisher gut gemeint, mit Fridolin. Durch die milden Temperaturen muss er nicht frieren und er findet genug zu fressen.

Er liebt diesen kleinen Wald, den er sein Zuhause nennt. Nachdem er flügge geworden ist und seine Mama verlassen hat, kam er schon bald in diesen kleinen Wald. Er hat sich direkt wohl gefühlt. Er liebt es, wenn er durch das hohe Laub tapst. Auch mit den anderen Waldbewohnern versteht er sich sehr gut. Hier lebt zum Beispiel Arnold, ein älterer Igel. Er befindet sich zur Zeit im Winterschlaf. Fridolin schaut jedoch jeden Tag nach ihm, er hat den älteren Herren sehr ins Herz geschlossen.

Aber auch mit dem Eichhörnchen Elsa und der Amsel Mary versteht er sich sehr gut.

Am frühen Morgen des 31.12.2022 steht Fridolin auf. Nachdem er sich ausgiebig geputzt hat, stattet er wie üblich seinem schlafenden Freund Arnold leise einen Besuch ab. Er landet etwas weiter weg von dem Unterschlupf seines Freundes, um ihn durch das Aufwirbeln der trockenen Blätter nicht aufzuwecken. Leise tapst er zu dem riesigen Laubhaufen und steckt sacht seinen blauen Kopf durch das kleine Loch, das er sich genau dafür geschaffen hat. Arnold schläft friedlich vor sich hin. Er hat sich hier einen wirklich schönen Schlafplatz eingerichtet mit viel Laub und Moos. So liegt er leicht eingekugelt unter einer Laubdecke und schläft reglos. Manchmal findet Fridolin den Anblick befremdlich, wie sein Freund so tief und fest schläft. Aber an manchen Tagen, wenn Fridolin müde ist und nicht genug zu futtern findet, beneidet er ihn etwas. Das wird er ihm definitiv sagen, sobald Arnold im Frühling wieder wach wird. Dann kann er ihm auch sagen, das er sein Versprechen gehalten hat, jeden Tag nach ihm zu sehen.

Arnold hatte vor dem Einschlafen in diesem Jahr etwas Angst. Er sorgte sich, nicht wieder aufzuwachen oder zu spät aufzuwachen, wenn Gefahr für ihn drohen sollte. Arnold sagte nämlich, dass sein kleines Wäldchen das er seit 5 Jahren bewohnt, nicht mehr so ist wie früher. Früher waren die Menschen zum Pilze sammeln in den Wald gekommen oder für ausgedehnte Spaziergänge. Aber seit 2 Jahren, trampeln die Menschen durch den Wald, buchstäblich wie der Elefant durch den Porzellanladen. Sie trampeln und springen auf Laubhaufen drauf, treten Laubhaufen durch die Gegend, weil sie sich amüsieren wollen. Vor einem Jahr ist dann seine Freundin in ihrem Tagesversteck von Menschen gefunden worden. Doch statt sie in Ruhe zu lassen, haben die Menschen ihr Tagversteck aufgedeckt und sie bewundert, wie süß sie ist. Die Menschen waren nicht böse. Aber Anna war verschreckt, so aus ihrem Schlaf und ihrem Tag-Nacht-Rhythmus gerissen zu werden, dass sie schlagartig los lief, um von den Menschen wegzukommen. Und so lief sie Menschen vor die Füße, die nicht freundlich waren… Manchmal, so hat Arnold erzählt, hört er immer noch ihre Schreie und sieht sich selbst feige in seinem Laubhaufen verstecken. Das sind die Momente, in denen selbst Fridolin ihn nicht mehr trösten kann. Er versucht ihn immer ganz fest mit seinen Flügeln zu umschließen und ihm Geborgenheit und Sicherheit zu schenken. Aber dieser Tag hat etwas mit Arnold gemacht. Etwas, das ihn ganz tief in seiner Seele gebrochen hat. Daher hat Fridolin ihm versprochen, jeden Tag nach ihm zu sehen und auf ihn aufzupassen, wenn er schläft, damit Menschen ihn nicht angreifen.

Natürlich sind nicht alle Menschen, wie die, die Anna aus dem Leben gerissen haben. Fridolin selbst fliegt gerne zu der Wohnsiedlung neben dem Wäldchen. Dort lebt eine ältere Dame. Sie hat ihm extra ein kleines Vogelhäuschen eingerichtet und ab und an findet er dort Knabbereien und im Sommer immer frisches Wasser. Aber es gibt halt auch Menschen, die keine freundlichen Absichten haben. Insbesondere Tieren gegenüber.

Nachdem sich Fridolin überzeugt hat, dass es Arnold gut geht, macht er sich auf den Weg zu Eichhörnchen Elsa. Sie findet ihre Nüsse nicht mehr und hat Fridolin gebeten, ihr bei der Suche zu helfen. Das macht Fridolin gerne. Elsa kann sich nicht mehr erinnern, wo sie ihre Wintervorräte überall versteckt hatte und die Verstecke, die sie wieder gefunden hat, neigen sich langsam dem Ende.

Fridolin fliegt über den ganzen Wald hinweg, überallhin wo er Elsa im Laufe des Jahres gesehen hat. Aus der Luft heraus sieht er einen kleinen Busch, an den er sich gut erinnert. Hier hat er Elsa getroffen, als er den Wald entdeckt hat. Fridolin ist sich sicher, dass Elsa in dem Moment, als er sie getroffen hat, etwas unter dem Busch vergraben hat. Vorsichtig landet Fridolin. Inzwischen hat leichter Regen eingesetzt, der immer stärker wird. Tatsächlich, hier unterm Busch findet er einen ganz großen Vorrat von Elsa. Sofort fliegt er zu ihr zurück um ihr von dem Fund zu berichten. Fridolin führt Elsa zu den Vorräten. Er fliegt ihr vorweg und Elsa klettert Bäume rauf und runter, den Blick immer auf Fridolin gerichtet.

Als sie endlich angekommen sind, ist Elsa außer sich vor Freude. Mit diesem Vorrat, brauch sie sich einige Tage keine Gedanken machen, wo sie ihre andern Vorräte versteckt hat und kann diese in Ruhe suchen. Fridolin verspricht ihr, ihr weiterhin bei der Suche nach den Vorräten zu helfen und Elsa bedankt sich mit einer überschwänglichen Umarmung bei ihrem kleinen Freund.

Inzwischen ist es dunkel geworden. Fridolin beschließt, das es Zeit ist, in sein Nest zurück zu fliegen und etwas zu ruhen. Ruhe ist für einen kleinen Vogel wie ihn nämlich sehr wichtig. Bei seinem Nest angekommen, plustert er sich etwas auf. Aus dem anfänglich leichten Regen hat sich nun ein richtiger Schauer entwickelt. Zum Glück ist er in seinem Nest ein bisschen geschützt. Aber die Wassertropfen erschweren sein Federkleid dennoch erheblich. Es fühlt sich an, als hätte er kleine Gewichte an den Enden seiner Federn hängen.

Plötzlich ertönt ein lauter Knall und Fridolin schreckt aus seinem Schlaf auf. Er muss tief und fest eingeschlafen sein, die Nacht ist eingebrochen und der Wald ist stockduster. Aber wieder ertönt aus dem Nichts ein lauter Knall. Fridolin erschrickt wieder. Anfangs waren es vereinzelte Knallgeräusche aber inzwischen ertönt ein Knall nach dem anderen. Dazu scheint der Himmel in unregelmäßigen Abständen zu brennen. Helle Lichter erscheinen mit immer lauteren Knallgeräuschen. Fridolin muss weg. Er spürt, das etwas schlimmes passiert. Sein Herz droht ihm aus der Brust zu springen, er kann nicht rational denken. Er weiß nur, er muss hier weg.

So springt er wagemutig aus seinem Nest. Der Regen hat inzwischen nachgelassen, aber seine Federn sind nach wie vor nass und schwer. Daher kostet ihn das Fliegen viel mehr Anstrengung als sonst. Dazu kommt seine Panik. Er versucht sich im dunklen Wald zurecht zu finden. Aber mit den lauten Knallgeräuschen im Hintergrund und dem brennenden Himmel über ihn hat er die Orientierung verloren. Er versucht sich an irgendetwas zu orientieren, was er kennt – vergeblich. Er fliegt immer weiter, die Böller und Lichter am Himmel scheinen ihn zu verfolgen. “Was ist das nur?”, fragt er sich immer wieder. Auf seiner Flucht sieht er durch ein besonderes helles Licht am Himmel, die Amsel Mary am Boden liegen. Blut tropft ihr aus dem Schnabel und er weiß, sie ist tot. Die Lichter und Knaller haben sie getötet, es muss so sein. Das bestärkt seine Panik nur noch mehr. Er fliegt in riskanten Flugmanövern immer wieder um Bäume, linksherum, rechtsherum… Plötzlich ist er wieder in der Nähe seines Nestes. Wie kam er hier hin? Die Knaller kommen doch von hier. Wieder fliegt er weiter. Er müsste höher fliegen aber dort oben, über den Bäumen, sind die Lichter. Sie glühen rot, gelb, grün. In allen möglichen Formen und verursachen alle möglichen Geräusche.

Kurz dachte er, er hat Elsa schreien gehört, aber er hat keine Zeit nach ihr zu schauen. Seine Instinkte haben seine Kontrolle übernommen und alles in ihm schreit: “Flieh! Sonst stirbst du!”.

Im nächsten Moment versucht er eine enge Kurve zu nehmen. Hier stehen mehrere Bäume eng hintereinander. Im Sommer noch hat er mit Marys Kindern zwischen den Bäumen gespielt und sie haben Wettfliegen veranstaltet. Wer am schnellsten um die Bäume fliegen konnte, hatte gewonnen. Aber das ist in dem Moment nur eine blasse Erinnerung. Wieder ertönt ein lauter Knall und ein grelles Licht explodiert am Himmel. Fridolin hat sich so erschrocken, das er die Kurve nicht mehr schafft. In vollem Flug, prallt er gegen den Baum. Der Aufprall tut so weh. Er merkt, wie sein kleiner Körper mit voller Wucht an den Baum gepresst wird und im nächsten Moment, rutscht er den Baum an der rauen Rinde herunter.

Auf dem Boden schlägt er mit dem Kopf auf. Sein Blick ist verschwommen und er erkennt seine Umgebung nicht mehr. Er weiß nicht wo er ist, wie er hier her gekommen ist. Fridolin spürt nur diese unsägliche Panik, die weiter durch die Böller angestachelt wird.

Fridolin wird leicht um den Kopf rum. Er hört kaum noch etwas außer diese unsäglichen Knallgeräusche und seine Sicht lässt weiter nach. Er denkt an seine Mutter, an seine Geschwister. Hoffentlich geht es ihnen gut. Er denkt an seine tote Freundin Mary, an seine liebe Eichhörnchenfreundin Elsa und an seinen besten Freund, dem Igel Arnold. “Es tut mir so leid Arnold, dass ich mein Versprechen dir gegenüber nicht halten kann und nicht mehr nach dir schauen kann”, denkt Fridolin. Er versucht den Kopf zu drehen und tatsächlich gelingt ihm dies.

In seiner Panik, ist er wohl in die Richtung zu seinem besten Freund Arnold geflogen. Der Anblick der sich Fridolin bietet, lässt ihn sich wünschen, das er nicht versucht hätte den Kopf zu drehen.

Arnold liegt halb in seinem Laubhaufen. Die Augen weit aufgerissen, das Maul leicht geöffnet und die Zunge hängt heraus. Sein Blick spricht von gnadenloser Panik, die sein bester Freund erleiden musste. Er hat keine sichtbaren Verletzungen. Durch die lauten Knallgeräusche und die explodierenden Lichter am Himmel, ist Arnold wach geworden und vor Panik, hat sein Herz einfach aufgehört zu schlagen.

Fridolin spürt noch, wie ihm eine warme Träne über seine Federn fließt. Er hat sein Versprechen seinem besten Freund gegenüber nicht halten können und nicht auf ihn aufgepasst. Mit diesem Wissen seinen besten Freund enttäuscht zu haben, der Panik im Gesicht und dem Blick weiter auf seinen besten Freund gerichtet, stirbt Fridolin.


Eine Anmerkung von mir, zu der Geschichte: Sie ist natürlich frei erfunden, aber gleichzeitig beschreibt sie nur zu gut, was heute an Silvester mit den Wildtieren draußen passiert.

Während die Menschen feiern, Spaß haben, sich besaufen und sinnlos mit Sprengstoff hantieren, verstehen Tiere (egal ob Wildtiere oder Haustiere) nicht, was passiert. Sie haben Angst um ihr Leben und in blinder Panik versuchen sie zu fliehen.

Und das ist es den Menschen wert? Na dann, ein frohes neues Jahr.

Photo by Julian on Unsplash

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Hier schreibe ich über das was mich interessiert, in der Hoffnung das ich nicht die Einzige bin. Themen die dich erwarten: Tiere, Serien, Bücher und Events.

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